4.05.2023
Die Haftung des Arztes gegenüber dem
Patienten
Der Arzt ist zur Sorgfalt verpflichtet, und zwar nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts. Fahrlässig
handelt danach, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. Damit ist der Umfang der vom Arzt zu
beobachtenden Sorgfalt nach einem
Durchschnittsmaßstab zu bestimmen, und zu fragen, was ein ordentlicher
Arzt in diesem Falle getan hätte oder hätte tun müssen oder dürfen. Es ist also zu prüfen, welches Maß an Wissen,
Können und Sorgfalt unter den gegebenen
medizinischen Verhältnissen
von einem gewissenhaften durchschnittlichen Arzt zu verlangen ist. Dabei sind alle medizinischen Umstände des
einzelnen Behandlungsfalls zu berücksichtigen.
Es dürfen also an den niedergelassenen Arzt, der sich genötigt sieht, unter ungünstigen örtlichen Verhältnissen
eine Operation durchzuführen, nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden, wie sie von einem Operateur in
einem gut eingerichteten Krankenhaus erwartet werden können. Darüber hinaus ist auch durch einen Anwalt zu prüfen,
ob der Misserfolg der Behandlung des Patienten durch den Arzt ausschließlich auf
Fahrlässigkeit
zurückzuführen ist, oder ob etwa andere, vom Arzt nicht zu vertretende Umstände den Eintritt des schädigenden
Ereignisses herbeigeführt haben. Es kann namentlich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles eine
geringe Fahrlässigkeit
eines Arztes als entschuldbar angesehen werden. Hierüber existiert medizinrechtliche Rechtsprechung, in der es
heißt: "Auch der geschickteste Arzt arbeitet nicht mit der Sicherheit eines Krankenhausbetriebes; trotz aller
Sorgfalt und Aufklärung kann ein medizinischer Eingriff oder eine Operation misslingen, die sonst regelmäßig dem
behandelnden Arzt gelingt."
Arzthaftpflicht bei Kunstfehlern
Schuldhaft handelt ferner ein Arzt, wenn er einen sogenannten Kunstfehler begeht. Einen Kunstfehler sieht die
Rechtsprechung in Übereinstimmung mit den früheren Entscheidungen der Kammern für Arzthaftungssachen in einem
Abweichen des Arztes von den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst. Aber Kunstfehler und Behandlungsfehler
decken sich nicht immer. Wird auch der Arzt in der Regel nur dann vorwerfbar schuldhaft handeln, wenn er von den
allgemein anerkannten und dem derzeitigen Stand der Wissenschaft entsprechenden Regeln abweicht, so kann doch im
Einzelfall ein
fahrlässiges Verschulden
auch dann gegeben sein, wenn kein echter ärztlicher Kunstfehler vorliegt.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ansichten der jeweils konsultierten Anwälte und medizinischen Gutachter
auseinandergehen. Ist unklar, welches
Maß an Vorsicht zur Verhütung von Schäden bei der Behandlung notwendig ist, so hat der Arzt im allgemeinen die
größtmögliche Vorsicht zu beachten, wenn er nicht fahrlässig handeln will. Denn der kranke Patient kann verlangen,
dass der Arzt alle, auch entfernte Risiken der Behandlung in den Kreis seiner Diagnosen einbezieht, und sein
Verhalten bei der Behandlung des Patienten dementsprechend einrichtet.
Vertretung der Patienten durch Anwälte
Anders liegt der Fall, wenn der Patient, vertreten durch einen Fachanwalt für
Medizinrecht,
direkt gegen ein Krankenhaus klagt. Hier hatte der Patient an einer
unbehandelten Vorerkrankung gelitten; er war in der gleichen Privatklinik untergebracht wie der andere Patient,
der bereits dem Ärztepfusch zum Opfer gefallen war und sich angesteckt hatte. Obwohl über die Zulässigkeit der
Unterbringung beider Kranken in einem Behandlungsraum die Meinung zweier ärztlicher Gutachten auseinandergehen,
haben die Gerichte der Schadenersatzklage stattgegeben. Eine falsche Diagnose wird zwar häufig, braucht aber
jedoch nicht stets auf einem Kunstfehler oder auf fahrlässigem Verhalten beruhen. Dort hatte ein Arzt bei einem
Patienten, dessen Bein starken Schmerzen ausgesetzt war, eine falsche Diagnose gestellt. Erst nach zwei Wochen
veranlasste der behandelnde Arzt eine Röntgenuntersuchung, wobei als Ursache der Schmerzen eine ältere Verletzung
festgestellt wurde. Diese Fehldiagnose
haben sämtliche Gerichte nicht als schuldhaft angesehen, weil der Patient mit aller Bestimmtheit das Fehlen jeder
Medikation auf seinen Körper behauptet hatte. Danach hat der Arzt allen Anlass gehabt, mit einer Verletzung zu
rechnen; er handelte also pflichtwidrig und standeswidrig, weil er keine Röntgenuntersuchung veranlasste.
Die Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechtes und des Arzthaftungsrechts bedeuten nicht nur, dass der
Behandlungsvertrag gemeint ist, sondern auch andere vertragsähnliche Verhältnisse. So kann ein Rechtsanspruch
für und gegen den Arzt aus einem vertragsähnlichen Verhältnis entstehen, aus der sogenannten Geschäftsführung ohne
Behandlungsvertrag. Dieser Fall kann eintreten, wenn der Arzt z.B. bei Unglücksfällen hinzukommt, und einem
bewusstlosen Verletzten erste Hilfe leistet.
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