4.05.2023
Der Erbfall
Allgemeines
Von einem Erwerb von Todes wegen spricht man, wenn ein Erblasser vorhanden ist. Dieser kann nur eine natürliche
Person sein. Mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers (Erbfall) geht sein Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf
eine oder mehrere Personen (Erben) über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Mit diesem Zeitpunkt entsteht grundsätzlich die
Erbschaftsteuerschuld (§ 9 Abs. 1 ErbStG).
Der Vermögensübergang bei der Auflösung (Liquidation) von Kapitalgesellschaften ist dagegen kein
erbschaftsteuerrechtlicher, sondern ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang. Das gleiche gilt auch für die Auflösung
von Personengesellschaften. Aber abgesehen davon, dass Erwerbe von Körperschaften und Personengesellschaften
Schenkungsteuerpflicht auslösen können, kann ein Übergang von Gesellschaftsrechten beim Tod eines Gesellschafters
auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft selbst auch als ein Erwerb von Todes wegen einen
erbschaftsteuerpflichtigen Vorgang darstellen.
Erwerb durch Erbanfall
Dies ist der wichtigste Fall eines Erwerbs von Todes wegen. Es ist die infolge Erbgangs eingetretene Nachfolge in
das Vermögen eines Verstorbenen. Die Nachfolge kann eintreten kraft gesetzlicher Erbfolge oder kraft letztwilliger
Verfügung des Erblassers (Testament oder Erbvertrag).
Die Frage, wer im einzelnen Erbe ist und in welchem Umfang er Erbe ist, wird im allgemeinen durch das
Nachlassgericht geprüft und im Erbschein festgestellt. Das Finanzamt hat sich an die Angaben des Erbscheins so
lange zu halten, als dieser nicht eingezogen oder mit Erfolg angefochten worden ist.
Bei einem öffentlichen, d. h. vor einem Notar oder Gericht errichteten
Testament oder Erbvertrag
hat das Finanzamt, weil hier ein Erbschein nicht erteilt zu werden braucht, die erbrechtlichen Verhältnisse
selbständig zu
prüfen. Das gleiche gilt, wenn zwischen mehreren als Erben in Betracht kommenden Personen das Erbrecht strittig
war, und diese zu einem Erbvergleich kommen. Erbvergleiche werden deshalb ebenso wie rechtskräftige Urteile in
Erbstreitigkeiten der steuerlichen Beurteilung zugrunde gelegt (BFH, BStBl. III 1998, S.447, III 2010, S.133).
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn der Erblasser für den Fall seines Todes keine besondere Verfügung wie
Testament oder Erbvertrag getroffen hat. Ein Erbe kann die Annahme der Erbschaft, die stets das gesamte Vermögen
des Erblassers unter Einschluss der Schulden umfasst, zum Beispiel wegen Überschuldung, ausschlagen. In der kraft
Gesetzes eintretenden gesetzlichen Erbfolge kommen als Erben die Verwandten und der überlebende Ehegatte des
Erblassers in Betracht.
Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder) des Erblassers, Erben der zweiten
Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister usw.), Erben der dritten Ordnung sind die
Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten usw.).
Die Verwandten der näheren Ordnung schließen die Verwandten der ferneren Ordnung aus. Die Eltern und die
Geschwister des Erblassers erben daher nach § 1930 BGB nur dann, wenn der Erblasser kinderlos ist, die Großeltern
und deren Abkömmlinge nur dann, wenn weder die Eltern noch deren Abkömmlinge noch leben. Kinder erben immer zu
gleichen Teilen. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten nach § 1924 BGB
die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Hat der
verwitwete Erblasser
zwei Kinder, so erben diese je die Hälfte des Nachlasses. Ist Eines beim Erbfall
bereits verstorben, so teilen sich dessen Kinder den auf ihn entfallenden halben Nachlass und erhalten somit je ein
Viertel des Nachlasses. Stirbt der kinderlose Erblasser, so erben seine Eltern allein und zu gleichen Teilen.
Lebt nur noch ein Elternteil, so erhält der überlebende Teil die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte geht an
die Abkömmlinge des verstorbenen Elternteils, d. h. an die ggf. lebenden Geschwister bzw. Geschwisterkinder des
Erblassers.
Der überlebende
Ehegatte des Erblassers
erhält, wenn er mit dem Erblasser in einem Wahlgüterstand gelebt hat, neben
Verwandten der ersten Ordnung (Kinder, Enkel) ein Viertel des Nachlasses, neben Verwandten der zweiten Ordnung die
Hälfte des Nachlasses sowie die zum ehelichen Haushalt gehörigen Gegenstände und die Hochzeitsgeschenke als Voraus,
neben Verwandten der dritten Ordnung ebenfalls die Hälfte und den Voraus, wenn Großeltern vorhanden sind. Hinzu
tritt in diesem Fall noch das, was an Abkömmlinge von weggefallenen Großeltern gehen würde. Sind keine Großeltern
mehr vorhanden, so erbt der Ehegatte den ganzen Nachlass.
Haben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt — und das ist der regelmäßig (soweit
nicht ausdrücklich ein anderer Güterstand vereinbart ist) maßgebende Güterstand —, dann erhöht sich der gesetzliche
Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel. Hinterläßt der Erblasser z. B. eine Witwe mit zwei Kindern, so
erben die überlebende Ehefrau die Hälfte und die beiden Kinder je ein Viertel des Nachlasses.