4.05.2023
Rechtsmittel gegen Beschlüsse
Ein Widerspruchsrecht des Vorstandes der KV gegen die Entscheidung der zahlreichen bei der KV bestehenden
Prüfungsausschüsse ist nach Ansicht der Ärztekammer erforderlich und sinnvoll. Die Schwierigkeit der durch die
gesetzlich fundierte Zwitterstellung bedingten Rechtslage wird deutlich durch die von anderen Anwälten vertretenen
Ansicht, die eine solche Handhabung, ähnlich derjenigen eines
Haftungsprozesses,
nicht als richtig anerkennen. Wenn dieser Gegenmeinung konsequent gefolgt werden würde, wäre klargestellt, dass
die Kassenärztliche Vereinigung ihrer Aufgabe zur Wahrnehmung der Interessen der Ärzte gegenüber den Krankenkassen
in diesem Stadium nicht mehr gerechnet werden könnte, selbst wenn sie es wollte.
Beschwerdeausschuss
Diese Problematik hat sich auch in Bezug auf ein Sozialgerichtsverfahren eines Mitgliedes des Beschwerdeausschusses
ergeben: Ein Arzt hatte durch seinen Anwalt Klage beim Sozialgericht Hannover erheben lassen, nachdem die
Prüfungsgremien mehrere Arzneimittelregresse betreffend verschiedene Quartale festgesetzt hatten. Diese Regresse
waren mit erheblichen Überschreitungen der Durchschnittswerte der Fachgruppe im Sinne eines offensichtlichen
Missverhältnisses laut Widerspruchsbescheid begründet. Das Gericht hat mit eingehender und überzeugender
Begründung zu Gunsten des Arztes entschieden, und unter anderem ausgeführt, dass entgegen der Meinung der
Prüfungsgremien die jeweils angewandte Behandlungsmethode als Besonderheit der betreffenden Arztpraxis zu werten
sei, und es bezüglich der Behandlung von Haftungsfällen keine kausale Therapie gäbe, weshalb man in der Wahl der
Behandlungsmethode auf die sichtbar werdenden Erfolge abstellen dürfe.
Arzthaftpflicht
Insgesamt hat die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen mit solcher und weiterhin detaillierter Begründung
alle in Streit befangenen Beschlüsse aufgehoben. Im Hinblick auf § 368 n Abs.l Satz 2 ist zu erwarten, dass die
betroffenen Patienten nun spätestens in diesem Zeitpunkt sich ihrer Verpflichtung zur Wahrnehmung ihrer Rechte
durch einen
Fachanwalt für Medizinrecht für Ärzte
veranlasst gesehen hätten. Stattdessen legen sie aber auch hier in einseitiger Erfüllung ihrer ärztlichen
Gewährleistungspflicht für die Krankenkassen gegen das vorerwähnte Urteil das Rechtsmittel der Berufung ein, ohne
hierfür substantlierte Argumente vorbringen zu können.
Was die Behandlung von solchen Haftungsfällen angeht, ist unbestreitbar, dass es zur Zeit keine einzige anerkannte
Behandlungsmöglichkeit gibt, die als bindend empfohlen werden könnte. Hieraus folgert, dass es auch keine
Behandlungsmethode geben kann, der die Wirtschaftlichkeit wegen Unüblichkelt zu versagen wäre. Entscheidend für
die jeweils angewandte Behandlungsmethode
ist vielmehr der Erfolg, da die gesetzliche Situation in § 182 vorschreibt, dass alles das notwendig, zweckmäßig
und wirtschaftlich ist, was zur Linderung und Heilung von Krankheiten und Leiden erforderlich ist.
Behandlung der Patienten
Auch die Tatsache, dass in diesem Urteil nicht die Frage berührt wird, ob die von dem betreffenden Vertragsarzt
Kassenarzt angewendete Behandlungsmethode irgendwelchen Richtlinien entspricht, konnte der Krankenversicherung
keinen berechtigten Anlass zur Einlegung der Berufung in Erfüllung ihrer
Gewährleistungspflicht gegenüber den Patienten
geben, da selbst die Richtlinien der Deutschen Arzneimittelkommission bekanntlich keine verbindenden
Vorschriften sind, und es vielmehr jedem einzelnen Arzt überlassen ist, diejenige Behandlungsmethode anzuwenden,
von der er sich den schnellsten und größten Erfolg verspricht.
Die Ärztekammer hat sich im vorliegenden Falle also wieder einmal einseitig mit Verstoß gegen die ihr gemäß § 368
SGBV obliegenden
Pflichten gegenüber dem Kassenarzt für die betreffende Krankenkasse verwandt, indem sie
nur diese ohne Rücksicht auf die ausdrücklich durch die vorerwähnte Entscheidung unterstrichene Sach- und
Rechtslage weiterhin unterstützt. Damit hat sie im vorliegenden Falle schuldhaft eine Amtspflichtverletzung
gegenüber dem Arzt im Hinblick auf die schon zitierte BGH-Entscheidung vom 29.11.1998 insofern begangen, als sie
bei pflichtgemäßer Aufklärung des Patienten Überlegung zu einer richtigen Würdigung des Tatbestandes hätte gelangen
können.
Da nun natürlich auch nach Einlegung des Rechtsmittels durch die KV der gesetzlich fundierte Anspruch des
betroffenen Kassenarztes auf Wahrnehmung seiner Rechte durch die KV erhalten blieb, ergibt sich die Frage, ob und
wie sich dieser Anspruch noch in solchem Stadium weiterentwickeln wird.
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